Wer körperliche oder psychische Beschwerden hat, scheut häufig den Weg zum Arzt aus Scham oder Nachlässigkeit. Sicherlich führen auch ständig steigende Wartezeiten in Arztpraxen zu dieser Scheu. Sich selbst mithilfe privater Meinungen zu diagnostizieren und zu kurieren, kann jedoch Beschwerden verstärken oder sogar nicht richtig erkannte Erkrankungen schlimmer werden lassen.
Einzigartigkeit von Körper, Geist und Seele
Viele sogenannte »Volkskrankheiten« dauern bei manchen Menschen nur wenige Tage und können bei anderen zu chronischem Verlauf werden. Dementsprechend haben einmal oder mehrmals Erkrankte Erfahrung, aber nur von sich selbst. Ihre Erfolgsrezepte und Verhaltenstipps lassen sich nicht auf andere Betroffene übertragen. Denn komplexe Faktoren spielen bei den Symptomen und möglichen Ursachen sowie dem Beginn der Beschwerden und Verlauf bis zur Genesung eine Rolle. Die Scheu vor dem Arztbesuch, weil es eben eine so viel verbreitete Krankheit sein könnte, ist somit unberechtigt.
Doktor Social Media und der Trend zur anonymen Meinungsabfrage
Experten für soziale Netzwerke stellen bei ihren Analysen einen starken Trend zum Meinungsaustausch über Gesundheitsthemen fest. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene vertrauen sich zu psychischen Problemen lieber anonym auf Social Media statt persönlich mit Ärzten aus. Ein möglicher Grund ist die empfundene gesellschaftliche Stigmatisierung vieler Krankheitsbilder. Dagegen suggerieren in den sozialen Netzwerken Videos über Selbsttests erfolgreich, dass eine Arznei im eigenen Alltag ebenfalls hilfreich ist.
Riskante Familiendiagnosen
Erfahrung geben Generationen vom Opa über die Eltern an die Kinder und Enkel weiter. Für alltägliche Probleme ist dies eine praktische Familienlösung. Allerdings ist nicht jede Krankheit unbedingt in der Linie vererbt. Zufällig können Symptome auftauchen, jedoch eine völlig andere Ursache als die Genetik haben. Keinesfalls genügt es, jetzt den Rat der Familie zu befolgen. Stets muss ein Arzt ausschließen oder bestätigen, dass es sich tatsächlich um die familiäre Erbkrankheit handelt. Selbst dann kann eine völlig andere Behandlung nötig und deutlich erfolgversprechender sein als bei anderen Angehörigen.
Falscher Trost von Freunden
Freunde verstehen sich häufig als Motivatoren. Ein beliebtes Beschwerdebeispiel ist das Dauerthema Übergewicht (Problem) und Abnehmen (Lösung). Freundschaftliche Tipps sollen Mitgefühl ausdrücken und private Hilfe sein. Jedoch kann dies selbst dann falsch sein, wenn es sich bei diesen wohlmeinenden Freunden um Mediziner handelt. Vor allem besteht das Risiko, dass die Freunde mit einer vermuteten Diagnose Ängste schüren, statt zu trösten. Das kann die Scheu vor dem nötigen Arztbesuch zur regelrechten Panik werden lassen.
Hausmittel besser mit ärztlichem Rat ausprobieren
Natürlich ist für jedes Zipperlein ein Kräutlein gewachsen. Doch medizinische Experten der Schulmedizin und Volksheilkunde wissen ebenfalls: »Die Dosis macht das Gift.« Es spricht nichts dagegen, statt mit pharmazeutischen Produkten zunächst Hausmittel zu wählen. Jedoch muss für eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit der Behandlung zunächst der Arzt auf Ursachenforschung und Symptomeinschätzung zurückgreifen. Er kann damit von dem einen oder anderen Mittel abraten oder hilfreiche Tipps zur richtigen Dosierung geben.
Fazit:
Arztbesuche bedeuten beim aktuellen Fachkräftemangel enorme Wartezeiten, geben allerdings auch Sicherheit beim Diagnostizieren. Vor allem Jugendliche suchen als Alternative Rat auf Social Media oder glauben der Meinung ihrer nicht qualifizierten Familie. Auch bei einer Behandlungsmöglichkeit mit Hausmitteln sollten Betroffene weiterhin zunächst einen Arzt aufsuchen und nur mit seiner Empfehlung eine Therapie durchführen.